Knappes Ferkelangebot und hohe Preise sorgen für Gesprächsstoff
Jetzt ist die Zeit zum Investieren
Seit im Ferkelerzeugerring Schwaben Wirtschaftlichkeitsberechnungen angestellt werden, war der Ferkelpreis mit 93,60 € noch nie so hoch wie im vergangenen Wirtschaftsjahr. Der Deckungsbeitrag pro Zuchtsau lag bei satten 1054 €, das sind 861 € mehr als 2021/22. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Ferkelerzeuger zuvor drei extrem magere Jahre mit hohen Einkommensverlusten hinter sich hatten.
Zumindest für heuer prognostiziert Mario Flemm von der Erzeugergemeinschaft Franken-Schwaben jedoch weiterhin stabile Preise auf hohem Niveau. "Ihre Ferkel werden gebraucht", versicherte er den Zuchtsauenhaltern auf dem Schwäbischen Ferkelerzeugertag des AELF Nördlingen-Wertingen in Gottmannshofen.
Der Vorsitzende des Ferkelerzeugerrings Schwaben, Michael Bissinger, bedauerte die schlechte Stimmung aufgrund des Strukturbruchs in der Zuchtsauenhaltung. Gleichwohl ermunterte Bissinger seine Kollegen, gerade jetzt in die Ferkelerzeugung zu investieren, noch günstiger würden die finanziellen Rahmenbedingungen und die Fördermöglichkeiten auf absehbare Zeit kaum mehr. Der Ringvorsitzende forderte die Betriebe auf, sich weit mehr als derzeit an der Wirtschaftlichkeitskontrolle zu beteiligen. Diese sei in anderen Wirtschaftszweigen eine Selbstverständlichkeit. Ferner würdigte Bissinger den enormen Zuchtfortschritt durch die genomische Selektion.
Was helfen Qualitätsprogramme ohne Ferkel?
AELF-Chef Dr. Reinhard Bader wies darauf hin, dass der deutsche Pro-Kopf-Verbrauch von Schweinefleisch zwar stark zurückgegangen sei. Schweinefleisch habe aber zugleich den höchsten Preiszuwachs von allen Fleischarten erzielt. Als Ursache führte Bader die Verknappung des Schweinefleisches aufgrund der fehlenden Ferkel an. Der Ferkelmangel liege wiederum in den zahlreichen Betriebsaufgaben der Zuchtsauenhalter begründet. Der knappe Ferkelmarkt könnte durchaus eine Motivation für die Erzeuger sein, an ihrer Produktion festzuhalten. "Denn was helfen uns die besten Qualitätsprogramme, wenn es keine Ferkel mehr gibt?", fragte Bader. Er forderte die Ferkelerzeuger, die Schweinemäster, den Handel, die Vermarkter, die Ringberater und die Mitarbeiter des AELF auf, noch enger zusammenzuarbeiten, um ein marktfähiges Produkt zu gewährleisten und die Einkommen der Zuchtsauenhalter und Mäster zu sichern.
Drastischer Rückgang der Zuchtsauenhaltung
Bernhard Linder vom AELF Nördlingen-Wertingen legte den Jahresbericht zur Mitgliederversammlung des Ferkelerzeugerrings vor, die dem Ferkelerzeugertag voranging. Er bezifferte die Zahl der Ringbetriebe auf 70 mit insgesamt 10.009 Zuchtsauen, das sind 374 Betriebe und 21.978 Zuchtsauen weniger als vor 20 Jahren. Auch die Ferkelaufzuchtbetriebe haben sich in diesem Zeitraum von 15 auf nur mehr drei verringert.
Je kleiner der Betrieb, desto geringer die Leistung
Im Wirtschaftsjahr 2022/23 wurden im Ring 9959 Sauen abgeschlossen. Bei der Leistungsprüfung ergab sich ein mittlerer Wurfabstand von 157 Tagen bei 2,23 Würfen pro Sau und Jahr. Die Verluste bewegten sich bei 12,5 %. Mit 13,3 geborenen und 11,43 aufgezogenen Ferkeln pro Wurf ging die Leistung gegenüber dem Vorjahr geringfügig zurück. "Je kleiner der Betrieb, desto geringer war bayernweit im Mittel die Leistung", stellte Linder fest. Den Organisationgrad der schwäbischen Ferkelerzeuger bezifferte er auf 50 %, in Gesamtbayern auf 60 %. Vielleicht rührt es auch daher, dass die Leistungsschere zwischen den schwäbischen und bayerischen Zuchtsauenbetrieben immer weiter zuungunsten der Schwaben auseinandergeht.
Enorme Differenz im Deckungsbeitrag
Beim Vergleich der 25 % besten mit den 25 % weniger guten Betrieben zeigte sich eine Differenz von 0,5 Würfen und 10,5 aufgezogenen Ferkeln pro Sau und Jahr. Die Verluste waren im unteren Viertel der Betriebe um 2 % höher als im oberen Viertel. Der Leistungsunterschied schlägt sich in den Deckungsbeiträgen nieder. Hier erzielten die oberen 25 % stolze 722 € je Zuchtsau mehr als die unteren 25 %. "Das bedeutet bei 100 Zuchtsauen ein um 72.200 € höheres Gesamtergebnis im oberen Viertel der Betriebe", stellte Linder fest.
Tageszunahmen über dem bayerischen Mittel
43,6 % der von den schwäbischen Mästern gekauften Ferkel wurden im vergangenen Wirtschaftsjahr von der EG Franken-Schwaben geliefert, 30 % waren Handelsferkel und 2,9 % stammten von der Südferkel. 88 % ihrer Ferkel beziehen die schwäbischen Mäster jeweils von nur einem einzigen Betrieb. Bei den Tageszunahmen lagen die schwäbischen Ferkel deutlich über dem bayerischen Durchschnitt, freute sich Linder.
Produktion im eigenen Land für den eigenen Bedarf
Der Ferkelpreis kannte heuer bislang nur eine Richtung, nämlich nach oben. Und das ist auch notwendig, wie Mario Flemm von der EG Franken-Schwaben erklärte. Die starken Einkommensverluste von 2019 bis 2021 seien für zahlreiche Zuchtsauenbetriebe einfach nicht mehr zu schultern gewesen, so dass sie ihre Produktion aufgaben. Flemm räumte zwar einen kontinuierlichen Rückgang des Schweinfleischverbrauchs in Deutschland ein. Aber dieser Trend werde sich nicht unendlich lange fortsetzen, sondern irgendwann in einen ausgeglichenen Markt münden, das heißt „in eine Produktion im eigenen Land für den eigenen Bedarf“.
Geringe Investitionsbereitschaft
Die aktuell geringe Investitionsbereitschaft der Ferkelerzeuger erklärte Flemm mit mehreren Faktoren: Standortfrage und Immissionsschutz, Haltungsverordnung, Tierhaltungskennzeichnungsverordnung und mangelnde Planungssicherheit. Immerhin, die Kennzeichnungsverordnung mit ihren fünf Haltungsformstufen gilt vorerst nur für Mastschweine. Von diesen stehen in Bayern 51 % noch in Stufe 1 (Stall), 42 % in Stufe 2 (Stall und mehr Platz) und nur 7 % in Stufe 3 (Frischluftstall). Würde das Kennzeichnungsgesetz schon heute auch die Ferkelerzeuger treffen, so wären Flemm zufolge 95 % der bayerischen Ferkel in der Haltungsformstufe 1 und nur 1,5 % in der Stufe 2.
Passendes Ferkel gefragt
Der Handel wünsche sich ein Schwein mit einem Muskelfleischanteil von mehr als 58 %, einem Gewicht von 88 bis 110 kg, ein hohes Fleischmaß und eine mit GQ und Initiative Tierwohl gepaarte Herkunft. Als Ziel für die Ferkelerzeuger gab Flemm stabile und kalkulierbare Mengen aus, feste Lieferbeziehungen, einen hohen Gesundheitsstatus, die Nutzung aller Vermarktungsmöglichkeiten und eine Herkunft mindestens aus der Haltungsformstufe 2: "Wir brauchen für jeden Schweinemäster das passende Ferkel."
Fachvorträge mit wertvollen Tipps
Mit drei Fachvorträgen erhielten die Ferkelerzeuger wertvolle Tipps. Andreas Nüßlein vom LfL-Versuchs- und Bildungszentrum Schwarzenau sprach über Erfahrungen mit Umbau- und Neubaumaßnahmen bei der Gruppenhaltung im Deckzentrum. Lukas Schmidle von der baden-württembergischen Landesanstalt für Schweinezucht in Boxberg befasste sich mit Ursachen und Lösungsansätzen bei Schwanz- und Ohrrandnekrosen. Abschließend beleuchtete Dr. Anja Rostalski vom Tiergesundheitsdienst das richtige Management im Abferkelstall als Schlüssel für hohe Leistungen.